2. Sind Sie für ein Verhältniswahl-Wahlrecht oder für
die 4%-Hürde für den Einzug einer Partei in den Nationalrat?
Gerhard Kuchta: "Für das Verhältniswahlrecht.
Es soll uneingeschränkt gelten.
Zu ALLEN Fragen bezüglich Wahlen und
direktdemokratischen Entscheidungen darf ich auf unseren Verfassungsvorschlag
verweisen.
Zu dieser konkret auf
Artikel 114: Grundsätze des Wahlrechts
(1) Die in Artikel 103 und 104 als zu wählen
genannten Organe und Funktionen werden von den jeweils Wahlberechtigten
auf Grund des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen
Wahlrechtes nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt
oder auf so einer Wahl aufbauend nachfolgend bestimmt.
(1a) Das Prinzip der Verhältniswahl
gilt uneingeschränkt."
Artikel 121: Die Wahl von Mandataren in den
Nationalrat oder einen Gemeinderat
(1) Werden Mandatare in den Nationalrat oder
einen Gemeinderat gewählt, so werden die Mandate gemäß
des erhaltenen Prozentsatzes an abgegebenen gültigen Stimmen auf die
wahlwerbenden Parteien aufgeteilt.
(1a) Reichen die restlichen erhaltenen Stimmen
einer wahlwerbenden Partei nicht aus, um diesen direkt ein Mandat zuzuordnen,
sind diese Mandate in einem zweiten Zuordnungsschritt nach der Zahl der
verbliebenen Stimmen absteigend gereiht zu vergeben.
3. Sind Sie für die Briefwahl oder für ein geheimes, persönliches
Wahlrecht?
Gerhard Kuchta: für die Briefwahl.
Artikel 118: Wahllokale, Stimmabgabe und Auszählung...
(5a) Wahlberechtigte, die entweder voraussichtlich
während der Wahl- oder Abstimmungszeit verhindert sein werden, ihre
Stimme vor der Wahlkommission abzugeben, oder die aber für die Wahl-
und Abstimmungsvorgänge mehr Überlegungszeit in Anspruch nehmen
wollen, können entweder ihr Wahlrecht auf Antrag durch Briefwahl
ausüben oder aber andere von der Republik Österreich angebotene
Wahl- und Abstimmungsmodalitäten ohne erforderliches persönliches
Erscheinen vor der zuständigen Wahlkommission in Anspruch nehmen (z.B.
elektronische Stimmabgabe oder andere, ähnliche Fernübertragungsarten),
die in Gesetzen festzulegen sind.
(5b) Die Modalitäten sind in diesen Gesetzen
so festzulegen, dass einerseits die Teilnahme an Wahl- und Abstimmungsvorgängen
– auch außerhalb des österreichischen Staatsgebiets - möglichst
erleichtert, andererseits aber Manipulationen oder Verfälschungen
des Vorgangs oder Ergebnisses nach jeweils aktuellem Stand des Wissens
und der Technik bestmöglich vorgebeugt wird.
(5c) Die Briefwahl kann auch durch Abgabe
des Kuverts bei einer Wahlbehörde oder -kommission ausgeübt werden,
wobei diese Kuverts seitens der entgegennehmenden Stelle der für den
Wahlberechtigten zuständigen Wahlbehörde auf gesichertem Weg
zu übermitteln sind.
(5d) Die Einbringung der Stimme muss in jedem
Fall und für jeden Weg der Stimmabgabe bis zum Ende der Frist für
die Stimmabgabe abgeschlossen sein.
...
(7) Nach Ende der Frist für die Stimmabgabe
sind zuerst die vor einer Wahlkommission unter Wahrung des Wahlgeheimnisses
persönlich abgegebenen Stimmen auszuzählen.
(7a) Jede Wahl, Abwahl oder Abstimmung ist
– inklusive gesonderter Feststellung der Vorzugsstimmen - gesondert auszuzählen
und das Ergebnis zu dokumentieren.
(7b) Wurde seitens des Wahlberechtigten von
der Möglichkeit Gebrauch gemacht, vor einer Wahlkommission unter Wahrung
des Wahlgeheimnisses den Wahl- und Abstimmungsvorgang durchzuführen,
so sind dadurch andere ebenso in diesem Wahl- und Abstimmungsvorgang gebrauchte
Formen der Stimmabgabe gehemmt, jedoch nur für dasselbe Stimmrecht
und denselben Wahl- oder Abstimmungsvorgang.
(7c) Wurde sowohl von einer Briefwahl als
auch von einer anderen Form der Stimmabgabe ohne Erscheinen vor einer Wahlkommission
Gebrauch gemacht, so ist die Briefwahl nachrangig zu betrachten. Diese
jeweiligen Anteile der erfolgten anderweitigen Stimmabgabe sind nicht in
den Wahlprozess einzubringen und auszuzählen.
(8) Wird von einem Wahlberechtigten das Wahl-
oder Abstimmungsrecht nicht unmittelbar vor der zuständigen Wahlkommission,
sondern auf eine andere in Absatz 5 erwähnte Weise ausgeübt,
so
verzichtet der Wahlberechtigte gegebenenfalls zumindest gegenüber
der Wahlbehörde oder -kommission ganz oder teilweise auf das Wahlgeheimnis,
damit die Wahlbehörde oder -kommission allfälligen Manipulationen
oder Verfälschungen des Vorgangs oder Ergebnisses ausreichend vorzubeugen
und nachzugehen vermag.
(8a) Die gesetzlichen Regelungen für
die Briefwahl sind jedenfalls so zu treffen, dass die Wahlentscheidung
persönlich und in einer für Dritte nicht erkennbaren Weise getroffen
wird – also das Wahlgeheimnis auch gegenüber der Wahlbehörde
oder -kommission bestmöglich gewahrt wird.
(9) Sowohl bei Ausübung des Wahl- oder
Abstimmungsrechts vor der zuständigen Wahlkommission als auch bei
Nutzung der Briefwahl ist durch die Wahlbehörde oder -kommission sowohl
für allfällige Überprüfungs- und Einspruchsverfahren
gemäß dieser Bundesverfassung als auch – wenn dessen Identität
zweifelsfrei feststeht - für Anfragen durch den Wahlberechtigten selbst
festzuhalten, für welche Wahl- und Abstimmungsvorgänge durch
den Betreffenden bei welcher Wahlbehörde oder -kommission eine Stimme
abgegeben und als solche verzeichnet worden ist.
(9a) Bei Nutzung der elektronischen Stimmabgabe
oder von anderen, ähnlichen Fernübertragungsarten ist ferner
festzuhalten und gegebenenfalls bekanntzugeben, wann die Stimmabgabe erfolgt
ist, und was der Inhalt der Entscheidungen war.
(9b) Die Aufbewahrung der Daten hat bis zum
Ende der Einspruchsfrist gegen jeden Wahl- und Abstimmungsvorgang oder
aber den rechtskräftigen Abschluss eines diesbezüglichen Einspruchsverfahrens
zu erfolgen.
(9c) Danach sind diese Daten umgehend zu vernichten.
4. Sind Sie für Volksabstimmungen nach Volksbegehren mit über
100.000 Unterstützungserklärungen?
Gerhard Kuchta: "Nein, erst ab 10% der
Wahlberechtigten. Das wären derzeit ca. 635.000 Unterstützungserklärungen.
Artikel 132: Das Volksbegehren
(1) Unter einem Volksbegehren versteht man
die Möglichkeit, dass durch die Abgabe von Unterstützungserklärungen
für konkret ausgearbeitete Vorlagen oder Vorhaben durch zumindest
1 % an stimmberechtigten Wahlberechtigten für die jeweilige Region,
mindestens aber 10 Wahlberechtigte eine Behandlung dieser Vorlage oder
dieses Vorhabens im zu bezeichnenden Organ erzwungen oder durch zumindest
10 % an stimmberechtigten Wahlberechtigten für die jeweilige Region,
mindestens aber 20 Wahlberechtigte eine Volksabstimmung darüber durchgesetzt
oder durch die Unterstützung seitens der Mehrheit der für die
jeweilige Region stimmberechtigten Wahlberechtigten die Vorlage oder das
Vorhaben verbindlich beschlossen werden kann."
5. Sind Sie für die straffreie Tötung ("Abtreibung") von
ungeborenen Kindern durch ihre jeweilige Mutter bzw. einen Arzt?
Gerhard Kuchta: "Trotz
der ziemlich tendenziösen Fragestellung eine ehrliche Antwort dazu:
Ich
bin für das Beibehalten der derzeitigen Fristenlösung - und
eine über diese Frist weit hinausgehende Regelung bei der medizinisch
gesicherten Erkenntnis, dass das Neugeborene höchstwahrscheinlich
schwer(st)e Behinderungen aufweisen wird.
Natürlich dreht sich alles
um die Frage, ab wann "schutzwürdiges Leben" besteht, das ohne Wenn
und Aber vor einer Beendigung zu schützen ist. Paradoxer Weise als
Frage oft von Mitmenschen gestellt, die mit der potentiellen oder tatsächlichen
Beendigung von "JEDENFALLS bestehendem Leben" (Todesstrafe, lockeres Waffenrecht,
Schließung von sicheren Fluchtrouten etc.) absolut KEIN Problem haben.
Und die offenbar ganz übersehen, dass es vor der Fristenlösung
AUCH Abtreibungen gegeben hat. Allerdings solche, die nicht nur Mutter
und Arzt (oder sonstigen Ausführenden) kriminalisiert, sondern neben
der Abtreibung des Fötus oft auch das Leben der Mutter aufs Spiel
gesetzt haben. Auch schutzwürdiges Leben, by the way! Mein Ansatz:
Wohl die wenigsten Mütter/Eltern machen sich eine Abtreibung leicht
- und die psychische Belastung daraus ist sowieso enorm. Das ist bereits
ein nicht zu unterschätzendes Regulativ. Und die Geburt/Existenz eines
Kindes ermöglicht nicht bloß das Leben eines Kindes, sondern
gefährdet unter Umständen auch die Lebensbasis der Eltern. Hier
ohne Wenn und Aber einzugreifen steht nur einer Gesellschaft zu, die auch
ohne Wenn und Aber jedenfalls die Existenzbasis und das Wohlergehen der
GANZEN Familie (samt Zukunftschancen des Kindes) sichert. Davon sind wir
nicht nur Lichtjahre entfernt, sondern entfernen uns gerade mit Lichtgeschwindigkeit
in die gegenteilige Richtung. Daher: Siehe oben!
Wofür ich sehr wohl bin:
Eine weit verbesserte Aufklärung und offene Thematisierung in der
Schule und den Medien statt die Sexualität ins Schmuddeleck zu verbannen.
Und intensivere Forschung und einen erleichterten Zugang zur Verhütung.
Aber genau hier sieht man die Paradoxie: Wenn eine katholische Kirche zum
Beispiel gegen Abtreibung, Aufklärung UND Verhütung ist - und
z.B. in den Dritte-Welt-Staaten als eine der reichsten Organisationen dieses
Planeten gleichzeitig so entstandene Kinder verhungern oder verdursten
lässt! Sorry, nicht mein's - und erklärt wohl auch manche Austrittswelle
dort."
6. Sind Sie für die straffreie Beihilfe zur Selbsttötung
(Sterbehilfe)?
Gerhard Kuchta: "Eine
ähnliche Frage wie zum Beginn des "Lebens" stellt sich auch zum Schluss:
Wie lange ist noch existierendes Leben "lebenswert" - und wie weit reicht
die Entscheidungsgewalt einer davon selbst betroffenen Person? Gerade wenn
entsetzliche Schmerzen mit im Spiel sind und das baldige Ende unausweichlich,
dann fragen sich Begriffe wie "Humanität" oder "Barmherzigkeit" automatisch.
So schrecklich das ist! Wenn also medizinisch einwandfrei feststeht, dass
im konkreten Fall eine schwere, tödliche Krankheit ohne Heilungschancen
mit bereits eingetretenen starken Schmerzen bis zum Ableben oder schwersten
Beeinträchtigungen des täglichen Lebens gegeben ist und der so
Erkrankte den ausdrücklichen Wunsch hat, früher zu gehen und
sich dieses Leid zu ersparen, so bin ich für eine Legalisierung
der Sterbehilfe. Wobei auch hier davon auszugehen ist, dass sich keiner
der Beteiligten so eine Entscheidung leicht macht, und sowieso dieses Regulativ
greift. Was aber hier dazu kommt: Solche Regelungen dürfen in keinem
Fall aus "nicht barmherzigen" oder gar kommerziellen Gründen (o.ä.)
zu Lasten eines Menschen, der vielleicht durchaus noch weiterleben möchte
oder Chancen - zur Genesung etc. - hätte missbraucht werden dürfen/können.
Hier sollten also noch weitreichende Überlegungen und Prüfungen
angestellt werden, wie einem solchen Missbrauch effektiv vorgebeugt werden
kann."
.
Video: Interview von Souvereign Media mit Gerhard
Kuchta, 25.8.2022